Navigation überspringen

Verwaltungsgericht beanstandet Schnaps- und Glasverbot in Böblingen - pyrotechnisches Verbot aber rechtens.

Datum: 10.06.2016

Kurzbeschreibung: PRESSEMITTEILUNG vom 10.06.2016

Mit soeben den Beteiligten bekannt gegebenem Beschluss vom 9. Juni 2016 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart dem Eilantrag im Wesentlichen stattgegeben, mit dem sich ein Einwohner Böblingens dagegen wendet, dass die Stadt Böblingen während der Fußball-Europameisterschaft in einem näher bezeichneten Bereich der Innenstadt das Konsumieren und Mitführen von Branntwein oder branntweinhaltigen Getränken und das Mitführen von Behältnissen aus zerbrechlichen Materialien verboten hat (Az.: 1 K 3273/16).

Soweit sich der Eilantrag gegen das gleichfalls angeordnete Verbot des Mitführens von pyrotechnischen Gegenständen und die hierzu eingeräumte Möglichkeit von Taschenkontrollen richtet, blieb er erfolglos.

Die Anordnung der Sperrzone beruht auf einer Allgemeinverfügung der Stadt Böblingen vom 3.6.2016. Die Stadt Böblingen begründete die Verbote im Wesentlichen damit, dass es erfahrungsgemäß im Zusammenhang mit dem Konsum von Branntwein oder branntweinhaltigen Getränken zu einer Enthemmung und erhöhten Gewaltbereitschaft komme, was u.a. die Ereignisse am Rande der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 gezeigt hätten, wo in der Innenstadt mehrere Besucher und Polizeibeamte verletzt worden seien, das Wegwerfen von Behältnissen aus zerbrechlichen Materialien sich zu einem gefährlichen Massenphänomen entwickelt habe und durch Scherben im Rahmen der Feiern zur Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Böblingen es mehrere Verletzte gegeben habe.

Der Antragsteller machte mit seinem Eilantrag u.a. geltend, die Allgemeinverfügung greife in seine allgemeine Handlungsfreiheit ein; hierfür besteht keine ausreichende Rechtsgrundlage.

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat dem Eilantrag bezüglich des Verbots des Konsums und des Mitführens von Branntwein oder branntweinhaltigen Getränken und des Verbots des Mitführens von Behälter aus zerbrechlichen Materialien stattgegeben. Die Vorfälle bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Böblingen lassen nach Ansicht des Gerichts nicht den Schluss zu, dass gegenwärtig eine konkrete Gefahr vorliegt, der mit der Allgemeinverfügung begegnet werden kann. Es lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das verbotene Verhalten konkrete Delikte aller oder auch nur der Mehrzahl der sich im Sperrbereich aufhaltenden Personen, die Branntwein oder branntweinhaltige Getränke konsumierten oder mit sich führten oder die Behältnisse aus zerbrechlichen Materialien mit sich führten, zur Folge haben werde. Die von der Stadt Böblingen dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen dem untersagten Verhalten und den befürchteten Ordnungswidrigkeiten und Straftaten begründeten lediglich einen Gefahrenverdacht. Ein solcher Gefahrenverdacht stelle noch keine konkrete Gefahr dar, die es rechtfertigen könnte, allen Personen, die sich während der genannten Zeiten im Sperrbereich aufhielten, die in der Allgemeinverfügung genannten Verhaltensweisen zu verbieten. Der Stadt Böblingen bleibe indes nach wie vor die Möglichkeit, etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen.

Hinsichtlich des Verbots pyrotechnische Gegenstände oder Feuerwerkskörper bestünden hingegen keine rechtlichen Bedenken. Hier sei die Annahme gerechtfertigt, dass jeder, der derartige Gegenstände mit sich führe, deren missbräuchliche Verwendung beabsichtige.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegeben, die innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung eingelegt werden kann.

 

Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.