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Gemeinde darf dazu aufrufen, sich aktiv gegen eine als extremistisch und fremdenfeindlich angesehene Versammlung auf ihrem Gemeindegebiet einzusetzen und eine Gegendemonstration zu unterstützen
Datum: 02.05.2011
Kurzbeschreibung: PRESSEMITTEILUNG vom 29.04.2011
Das hat das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 13. April 2011 (Az.: 7 K 602/11) entschieden und den Eilantrag eines Mitglieds des „Nationalen und Sozialen Aktionsbündnisses 1. Mai“ (Antragsteller) gegen die Stadt Heilbronn auf Unterlassung solcher Äußerungen abgelehnt.
Der Antragsteller hat bei der Stadt eine Demonstration für den 1. Mai 2011 in Heilbronn unter dem Motto „Fremdarbeiterinvasion stoppen!“ angemeldet. Die Versammlung wird nach den Angaben des Antragstellers u.a. von mehreren Landesverbänden der Nationaldemokratischen Partei Deutschland (NPD) unterstützt. Die Stadt verbot die Versammlung. Das Verwaltungsgericht hob das Versammlungsverbot mit Beschluss vom 18.04.2011 auf. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim bestätigte diese Entscheidung.
Bereits im Januar 2011 veröffentlichte die Stadt auf ihrer Homepage unter der und im Amtsblatt eine Information mit folgendem Inhalt:
„Ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus Demo-Verbot / Resolution / Aktionsbündnis Heilbronn setzt ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus: Gemeinderat und Stadtverwaltung werden sich aktiv gegen eine am 1. Mai geplante Demonstration „Fremdarbeiterinvasion stoppen“ einsetzen. Dies teilte Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach nach einer Sitzung des Ältestenrats mit. „Heilbronn ist eine liberale, weltoffene, tolerante Stadt, im Herzen Europas, in der fast jeder zweite Bürger eine Zuwanderungsgeschichte hat – in dieser Stadt darf es keinen Platz für extremistische, fremdenfeindliche Machtdemonstrationen geben“, betont der OB.
Die Rathaus-Strategie sieht folgende drei Punkte vor:
Die Stadt Heilbronn wird alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um die geplante „rechte“ Demonstration zu verhindern. „Auch wenn uns bewusst ist, dass verfassungsrechtlich hohe Hürden für Demo-Verbote aufgestellt sind, so werden wir diesen Weg trotzdem konsequent gehen“, unterstreicht Bürgermeister Harry Mergel.
Der Ältestenrat ist sich einig, dass die vom Gemeinderat im Jahr 2000 beschlossene Resolution „Für eine offene Stadt – Heilbronner Bündnis gegen Rechtsextremismus“ bekräftigt wird. In der nächsten Sitzung am Donnerstag, 3. Februar, soll ein entsprechender Beschluss gefasst werden. Damit will das Selbstverwaltungsgremium seine deutliche Haltung 66 Jahre nach dem Ende der Nazi-Barbarei zum Ausdruck bringen.
Schließlich wird sich die Stadt Heilbronn dem von den Gewerkschaften initiierten Aktionsbündnis gegen die geplante „Rechts“-Demonstration anschließen. Hierzu gehört die Unterstützung einer Gegendemonstration am 1. Mai.“
Daraufhin beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht, der Stadt im Wege einer einstweiligen Verfügung derartige Äußerungen zu verbieten. Zur Be-gründung führte er aus, er habe einen Unterlassungsanspruch, da durch diese Äußerungen mittelbar-faktisch in seine Grundrechte aus Art. 5 und Art. 8 GG eingegriffen werde. Zudem sei die Stadt zu politischer Neutralität verpflichtet.
Dem ist die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts nicht gefolgt:
Der Antragsteller habe keinen (öffentlich-rechtliche) Unterlassungsanspruch (in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB). Durch die beanstandeten Äußerungen werde nicht unverhältnismäßig in seine subjektive Rechte auf Meinungs-freiheit und Versammlungsfreiheit/ Vereinigungsfreiheit eingegriffen. Auch bewegten sich die amtliche Äußerungen der Stadt Heilbronn im Rahmen der ihr zugewiesenen Aufgaben (Selbstverwaltungsangelegenheiten) und wahrten das Sachlichkeitsgebot. Die Stadt wende sich gegen eine Veranstaltung, die auf ihrem Gebiet stattfinden solle, um einer Beeinträchtigung des örtlichen Friedens in ihrem Gemeindegebiet entgegenwirken. Auch dürfte die Wertung der angemeldeten Versammlung als extremistisch und fremdenfeindlich sachlich zutreffend sein. Bereits das Motto der Versammlung „Fremdarbeiterinvasion stoppen“ lege nahe, dass es sich bei der Demonstration auch um eine fremdenfeindliche Aktion handelt. Unter „Invasion“ sei ein feindlicher Einfall zu verstehen. Der Begriff „Fremdarbeiter“ sei in Deutschland durch seinen Gebrauch während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland ebenfalls negativ besetzt. Daher bestehe schon aufgrund des Mottos der Versammlung Bedenken hinsichtlich der Verbreitung rassistischen Gedankenguts. Diese würden dadurch bekräftigt, dass die Versammlung nach Angaben des Antragstellers u.a. von mehreren Landesver-bänden der NPD unterstützt werde. Die NPD propagiere, dass „Überfremdung“
verhindert werden müsse mit dem Ziel der Ausweisung der nichtdeutschen Bevölkerung aus der Bundesrepublik und verfolge damit Ziele, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren seien.
Die beanstandeten Äußerungen seien auch verhältnismäßig und angemessen. Aufgrund der Demonstration am 1.Mai 2011 befürchte die Stadt wegen des ras-sistischen Hintergrundes zumindest der die Versammlung unterstützenden Gruppen eine erhebliche Beeinträchtigung des örtlichen Friedens auf ihrem Gebiet. Hierzu lege die Stadt dar, dass der Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung im Stadtgebiet 20 %, der mit Migrationshintergrund sogar 50 % betrage. Ihr Verhältnis zu dem übrigen Bevölkerungsteil sei von einem friedlichen Zusammenleben geprägt. Um diesen Frieden zu wahren, habe sich die Stadt deutlich gegen die Veranstaltung positioniert, um den auf ihrem Gebiet lebenden Einwohnern insbesondere mit Migrationshintergrund deutlich zu machen, dass sich die Stadt von rechtsextremen Positionen absetze und eine Gegendemonstration unterstützen werde.
Gegen den Beschluss ist die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim gegeben, die innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen ist.