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Klagen wegen Polizeieinsatz am 30.09.2010 im Stuttgarter Schlossgarten überwiegend erfolgreich

Datum: 18.11.2015

Kurzbeschreibung: PRESSEMITTEILUNG vom 18.11.2015

Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat heute sechs Urteile verkündet, in denen sie feststellt, dass den Klägern gegenüber getroffene polizeiliche Maßnahmen im Stuttgarter Schlossgarten am 30.09.2010 rechtswidrig waren (Az.: 5 K 3991/13, 5 K 1265/14, 5 K 2184/14, 5 K 2704/14, 5 K 2705/14 und 5 K 2706/14; s. auch Pressemitteilungen vom 29.09., 26.10. und 12.11.2015). Den stattgebenden Entscheidungen liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: Die gegenüber den Klägern durch den Polizeivollzugsdienst ausgesprochenen Aufforderungen, bestimmte Bereiche des Schlossgartens zu verlassen (so genannte Platzverweise), sind rechtswidrig. Dem Erlass des auf das Polizeigesetz des Landes Baden-Württemberg gestützten Platzverweises steht die so genannte Sperrwirkung des Versammlungsrechts entgegen. Danach sind polizeiliche Maßnahmen, die die Teilnahme an einer Versammlung beenden, rechtswidrig, solange die Versammlung nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes aufgelöst worden ist. Die Menschenansammlung im Stuttgarter Schlossgarten am 30.09.2010 war eine verfassungsrechtlich geschützte Versammlung. Denn bei der Verhinderung der Baumfällarbeiten und der Errichtung des Grundwassermanagements handelte es sich lediglich um ein Nahziel zur Erreichung des Fernziels der Verhinderung des Umbaus des Bahnknotens Stuttgart. Der Schutz des Versammlungsgrundrechts entfiel auch nicht wegen Unfriedlichkeit. Vorfälle, die zur Annahme der Unfriedlichkeit führen könnten, wie der Einsatz von Pyrotechnik oder das Besprühen von Polizeibeamten mit Pfefferspray, blieben vereinzelt. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen, insbesondere des Einsatzes von Wasserwerfern, ergibt sich bereits aus der Feststellung der Rechtswidrigkeit des den Klägern gegenüber angeordneten Platzverweises. Erhebliche Zweifel bestehen im Übrigen an der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes des Wasserwerfers gegenüber den Klägern. Insbesondere ist zweifelhaft, ob Wasserstöße als die intensivste Form des Einsatzes eines Wasserwerfers angemessen waren. 

Eine weitere Klage, die sich ausschließlich gegen den Wasserwerfereinsatz wendete, hat die Kammer mit heute ebenfalls verkündetem Urteil abgewiesen (Az.: 5 K 2707/14). Zur Begründung der Entscheidung hat die Kammer ausgeführt, es stehe nicht zu ihrer Überzeugung fest, dass der Kläger selbst in rechtlich relevanter Weise von dem Einsatz betroffen gewesen sei. 

Gegen die Urteile steht den Beteiligten jeweils die Berufung zu, wenn sie vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zugelassen wird. Die Anträge auf Zulassung der Berufung können binnen eines Monats nach Zustellung der vollständigen Urteilsgründe, die noch nicht vorliegen, gestellt werden.

 

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