Die 17. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat mit Beschluss vom 03.07.2020 (Az.: 17 K 3162/20) den Antrag des Landes Baden-Württemberg auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26.07.2017, konkretisiert durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.02.2018, abgelehnt. Mit seinem Antrag wollte das Land erreichen, bis zu einer noch ausstehenden Entscheidung des Gerichts über die erhobene Vollstreckungsabwehrklage von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen verschont zu bleiben. Nicht zu entscheiden war, ob die in der 5. Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehenen Fahrverbote in einer sogenannten „kleinen Umweltzone“ umzusetzen sind. Die Kammer führt in ihrem Beschluss aus, die Entscheidung über die Umsetzung konkreter Maßnahmen obliege allein dem Land. Die Verantwortung hierfür könne nicht auf das Gericht übertragen werden.
Darüber hinaus führt die 17. Kammer in ihrem Beschluss aus, die weitere Zwangsvollstreckung sei nicht vorläufig einzustellen, weil das Land nicht hinreichend dargelegt habe, dass die Vollstreckungsabwehrklage erfolgreich sein werde. Aus diesem Grund überwiege das verfassungsrechtlich geschützte Interesse an der Umsetzung der rechtskräftigen Urteile.
So habe das Land nicht darlegen können, die ihm auferlegte Verpflichtung bereits erfüllt zu haben. Zur Erfüllung sei es nicht zwingend erforderlich, Fahrverbote in der gesamten Umweltzone Stuttgart einzuführen. Es genüge vielmehr auch, wenn durch andere Maßnahmen der gesetzliche Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 μg/m3 im Jahresmittel eingehalten werde. Dass dies bereits erreicht sei, lasse sich dem Vorbringen des Landes jedoch nicht entnehmen. Zwar sei nicht zu verkennen, dass die aktuell gemessenen Werte für das erste Halbjahr 2020 teilweise deutlich unterhalb dieses Grenzwerts lägen. Vom Land selbst vorgelegte gutachterliche Stellungnahmen prognostizierten jedoch auch für das Jahr 2020 eine nicht nur unerhebliche Grenzwertüberschreitung. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Straßenverkehr seien hierbei von den Gutachtern ausdrücklich berücksichtigt worden. Weshalb allein aufgrund der zum Großteil bereits bei Gutachtenerstattung vorliegenden Messwerte nunmehr eine andere Einschätzung geboten sei, habe das Land nicht überzeugend dargestellt. Für das Jahr 2021 seien dem Gericht keinerlei Prognosen vorgelegt worden.
Darüber hinaus habe das Land auch nicht glaubhaft gemacht, dass eine fortgesetzte Vollstreckung unverhältnismäßig sei. Insoweit stelle das Land allein auf die Folgen der Einführung eines Fahrverbots ab. Dies genüge jedoch nicht, um darzulegen, dass auch sonstige Maßnahmen nicht mehr ergriffen werden müssten. Während des Verfahrens habe das Land diverse, aus seiner Sicht taugliche Alternativen zu einem Fahrverbot vorgeschlagen, die bislang jedoch nicht in Kraft gesetzt worden seien. Erst, wenn diese Maßnahmen umgesetzt wären, sich als doch nicht ausreichend erwiesen hätten und letztlich nur noch die Einführung eines Fahrverbots möglich sei, stelle sich die Frage nach dessen Verhältnismäßigkeit. Aus diesem Grund habe das Gericht dies im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden gehabt.
Auch mit dem dritten Einwand, es seien Alternativmaßnahmen gegeben, die dieselben Wirkungen entfalten würden, wie ein Fahrverbot in der gesamten Umweltzone, dringe das Land nicht durch. Zunächst habe es als Alternativmaßnahme allein das in der 5. Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgesehene Fahrverbot in der sogenannten „kleinen Umweltzone“ angeführt. Ob dieses mit einem Fahrverbot in der gesamten Umweltzone Stuttgart vergleichbar sei und folglich an dessen Stelle zur Erfüllung der Verpflichtung aus den Urteilen führen könne, bedürfe jedoch ebenfalls keiner Entscheidung. Das Land habe im Verfahren mehrfach zum Ausdruck gebracht, auch dieses Fahrverbot nicht einführen zu wollen. Im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage und des vorliegenden Eilantrags genüge es jedoch nicht, Alternativmaßnahmen bloß aufzuzeigen. Vielmehr könne allein der Einwand erhoben werden, bereits umgesetzte oder jedenfalls verbindlich vorgesehen Maßnahmen hätten dieselbe Wirkung wie ein zonenweites Fahrverbot. Dies gelte auch bezüglich der weiteren, erst im Verfahren geltend gemachten Alternativen. Auch insoweit fehle es bisher an einer Umsetzung. Zudem habe das Land diesbezüglich schon nicht dargelegt, wie konkret sich die Maßnahmen auf die Stickstoffdioxidbelastung auswirkten.
Vor dem Hintergrund der nicht hinreichend dargelegten Erfolgsaussichten der Vollstreckungsabwehrklage falle die vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Landes aus. Die geschilderten Folgen eines möglicherweise nur vorübergehend geltenden Fahrverbots für die betroffenen Autofahrer erkenne die Kammer zwar durchaus an. Eine Fortsetzung der Vollstreckung führe jedoch nicht zwangsläufig zu Fahrverboten. Es obliege allein dem Land, zu entscheiden, welche Maßnahmen es ergreife und ob es Fahrverbote einführe und diese Folgen damit in Kauf nehme.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unanfechtbar. Rechtsmittel sind nicht gegeben.