Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 02.04.2024 (4 K 1442/24) entschieden, dass die sofortige Vollziehung der Allgemeinverfügung über einen verkaufsoffenen Sonntag am 16.06.2024 in der Landeshauptstadt Stuttgart angeordnet wird.
Einer der drei Antragsteller, ein als Interessenvertretung der in der Landeshauptstadt Stuttgart ansässigen Einzelhandelsbetriebe tätiger Verein, beantragte bei der Landeshauptstadt Stuttgart die Festsetzung eines verkaufsoffenen Sonntags für den 16.06.2024 von 13:00 Uhr bis 18:00 Uhr anlässlich der in der Innenstadt geplanten „Fan-Zone“ zur Fußball-Europameisterschaft. Daraufhin setzte die Landeshauptstadt Stuttgart mit Allgemeinverfügung vom 23.01.2024 für den 16.06.2024 zu den beantragten Zeiten einen verkaufsoffenen Sonntag fest. Gegen die Allgemeinverfügung hat die beigeladene Gewerkschaft am 07.02.2024 Widerspruch eingelegt.
Am 01.03.2024 haben drei Antragsteller, neben dem bereits genannten Verein auch zwei in der Stuttgarter Innenstadt ansässige Ladengeschäfte, beim Verwaltungsgericht Stuttgart Anträge auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Stuttgart über einen verkaufsoffenen Sonntag am 16.06.2024 gestellt.
Wesentliche Erwägungen der Kammer:
Der Antrag ist zulässig und begründet. Die sofortige Vollziehbarkeit der nach summarischer Prüfung rechtmäßigen Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Stuttgart war dementsprechend durch das Gericht anzuordnen. Eine Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse der Antragsteller das Interesse der beigeladenen Gewerkschaft überwiegt, weil deren Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung voraussichtlich erfolglos bleibt.
Denn die Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Stuttgart vom 23.01.2024 ist voraussichtlich rechtmäßig. Die vorzunehmende Interessenabwägung fällt demnach zugunsten der Antragsteller aus, da deren Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung das Interesse der beigeladenen Gewerkschaft am Fortbestand der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs überwiegt.
Die Allgemeinverfügung wurde auf Grundlage von § 8 des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg erlassen, wonach Verkaufsstellen aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen unter bestimmten Voraussetzungen an jährlich höchstens drei Sonn- und Feiertagen geöffnet sein dürfen. Die von der Landeshauptstadt Stuttgart erlassene Allgemeinverfügung erfüllt die in dieser Vorschrift aufgestellten Voraussetzungen. Sie genügt auch den weitergehenden verfassungsrechtlichen Anforderungen, wonach eine anlassbezogene Sonntagsöffnung nur als Annex zu einer anlassgebenden Veranstaltung zulässig ist. Die in Anbetracht der UEFA Euro 2024 eingerichtete „Fan-Zone“ auf den zentralen Plätzen in der Innenstadt der Landeshauptstadt Stuttgart genügt den Anforderungen, die an eine solche Anlassveranstaltung zu stellen sind. Denn bei der Fußball-Europameisterschaft handelt es sich um eine bedeutende Sportveranstaltung von weit überregionaler Bedeutung. Das von der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart Veranstaltungsgesellschaft mbH & Co. KG geplante Programm beschränkt sich dabei nicht auf das Stadion, sondern bezieht unter dem Motto „Die ganze Stadt ein Stadion“ insbesondere auch den Bezirk Stuttgart-Mitte mit ein. In Anbetracht dieses Angebots prognostiziert die Veranstaltungsgesellschaft für den 16.04.2024 rund 200.000 Besucher. Die Besucherzahl in den Verkaufsstellen wird gegenüber der Gesamtbesucherzahl der Veranstaltungen auf maximal 50.000 Besucher geschätzt.
Die konkrete Anwendung der Regelung des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg widerspricht auch nicht dem Ausnahmecharakter von Sonntagsöffnungen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass im Zeitraum der vierwöchigen Europameisterschaft nur der streitgegenständliche Sonntag als verkaufsoffener Sonntag festgesetzt wurde. Zudem wurde zuletzt im Jahr 2006 im Zusammenhang mit der FIFA Weltmeisterschaft im Bezirk Stuttgart-Mitte ein verkaufsoffener Sonntag festgesetzt. Außerdem steht die Ladenöffnung auch in einem engen räumlichen und zeitlichen Bezug zur „Fan-Zone“ als Anlassveranstaltung.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim erhoben werden.
Hintergrundinformation zum Verwaltungsgericht Stuttgart:
Das Verwaltungsgericht Stuttgart ist im Regierungsbezirk Stuttgart erstinstanzlich für alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zuständig, soweit sie nicht ausdrücklich anderen Gerichten zugewiesen sind. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts erstreckt sich also fast ausschließlich auf solche Streitigkeiten, die sich auf das Verhältnis des Bürgers zum Staat beziehen, soweit dieser gegenüber dem Bürger als Träger hoheitlicher Gewalt handelt. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, für die die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig ist, sind etwa Streitigkeiten aus dem kommunalen Abgabenrecht, Asyl- und Ausländerrecht, Atomrecht, Baurecht, Beamtenrecht, Gewerbe und Gaststättenrecht, Hochschulrecht, Immissionsschutzrecht, Jugendhilferecht, Kommunalrecht, Luftverkehrsrecht, Polizeirecht, Schulrecht, Straßenrecht, Subventionsrecht, Versammlungsrecht und Wohngeldrecht.