Das Verwaltungsgerichts Stuttgart hat mit Beschluss vom 03.05.2016 den Eilantrag eines die 6. Klasse besuchenden 12-jährigen (Antragsteller) aus dem Landkreis Esslingen gegen seinen von der Schulleiterin erlassenen Schulausschluss wegen eines sexuellem Übergriffs abgelehnt (Az.: 12 K 2336/16).
Der Antragsteller, der im vorliegenden Verfahren von seinen Eltern vertreten wird, befand sich zusammen mit einem Freund am Freitag, 11.03.2016, im Anschluss an den Unterricht in unmittelbarer Nähe des Schulgeländes auf dem Nachhauseweg. Dabei ging er auf eine 11-jährige Schülerin, die die 5. Klasse derselben Schule besucht, zu, zog die Hose und auch die Unterhose herunter und forderte das Mädchen auf, „ihm einen zu blasen“. Die Schülerin vertraute sich direkt im Anschluss daran ihrer Sportlehrerin an. Am 21.03.2016 erstatteten die Eltern der Schülerin bei der Polizei Anzeige gegen den Antragsteller. Gegen den von der (stellvertretenden) Schulleiterin mit Bescheid vom 11.04.2016 erlassenen sofortigen Schulausschluss legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte am 21.04.2016 außerdem beim Verwaltungsgericht, den gesetzlich angeordneten Sofortvollzug des Schulausschlusses auszusetzen.
Diesen Antrag lehnte die 12. Kammer des Verwaltungsgerichts im Wesentlichen aus folgenden Gründen ab:
Beim Antragsteller liege ein schweres und auch wiederholtes Fehlverhalten vor, das den Erlass des Schulausschlusses rechtfertige. Zwar habe der Antragsteller wiederholt bestritten, auch sein Geschlechtsteil entblößt zu haben. Weiter habe er angegeben, er habe sich bei dem Vorfall auf der anderen Straßenseite befunden und habe auch die Hose sofort mit den Worten „war nur Spaß“ wieder hochgezogen. Nach Aktenlage seien diese Angaben jedoch widerlegt. So habe insbesondere der den Antragsteller an diesem Tag begleitende Freund angegeben, der Antragsteller sei zu der Schülerin gegangen und habe sie gefragt „ob sie ihm einen blasen kann“. Er habe dabei seine Hose und Unterhose ausgezogen. Auch aus den wiedergegebenen Befragungen des Freundes sowie der Schülerin durch die Schulleiterin werde ersichtlich, dass sich der Antragsteller jedenfalls in deutlich geringerem Abstand zu der Geschädigten befunden haben müsse. Durch sein Fehlverhalten habe der Antragsteller die Schülerin in nicht unerheblichem Maße sexuell belästigt und beleidigt und so das Recht auf deren sexuelle Selbstbestimmung und deren Ehrgefühl verletzt. Dies wiege insoweit schwer, als der Antragsteller nicht nur verbal die Geschädigte zum Oralsex aufgefordert habe, sondern dabei auch die Hose und Unterhose herunter gezogen habe. Es spiele dabei keine Rolle, ob der Antragsteller dieses Verhalten selbst als „Spaß“ angesehen habe. Obwohl der Antragsteller in seinem jungen Alter möglicherweise nicht die gesamte Tragweite seines Verhaltens überblickt habe, könne dies nicht als alterstypisches (vor-)pubertäres Verhalten angesehen werden. Denn es müsse auch dem Antragsteller klar gewesen sein, dass ein solches Verhalten die Grenze zum „Spaß“ bei weitem überschreite, zumal sich der Antragsteller und die Geschädigte nur vom Sehen gekannt hätten. Beim Antragsteller liege zudem ein wiederholtes Fehlverhalten vor, da er vor allem im Schuljahr 2015/2016 in zahlreichen Fällen Mitschüler beleidigt, provoziert oder auch körperlich angegangen habe.
Ein Verbleib des Antragstellers an der Schule lasse auch eine Gefahr für die Erziehung und Unterrichtung, die sittliche Entwicklung und Sicherheit der Mitschüler befürchten. Zudem dürfte es der Geschädigten auch nicht zumutbar sein, weiter dieselbe Schule wie der Antragsteller zu besuchen, da es im Schulhaus und Schulgelände stets zu einem Zusammentreffen kommen und die Geschädigte damit jederzeit mit der Tat konfrontiert werden könne.
Der Ausschluss des Antragstellers aus der Schule als schärfste Sanktion des Schulrechts sei auch verhältnismäßig, denn der Ausschluss sei geeignet, die Gefahr erneuter erheblicher Störungen durch den Antragsteller an der Schule zu verhindern. Eine mildere Maßnahme, mit der dieser Erfolg ebenfalls erreicht werden könne, sei nicht ersichtlich. Soweit der Schulausschluss dazu führe, dass der Antragsteller seiner fortbestehenden Schulpflicht durch den Besuch einer anderen Schule genügen müsse, stünden die damit verbundenen Belastungen zu der Notwendigkeit, den Antragsteller zu einer dauerhaften Verhaltensänderung zu bewegen, in einem angemessenen Verhältnis. Auch sei der Antragsteller bereits von einer anderen Schule aufgenommen worden.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegeben, die innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung eingelegt werden kann.