Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Beschlüssen vom 12.08.2015 die beiden Eilanträge von vier Nachbarn (Antragsteller) gegen die Errichtung einer Gemeinschaftsunterkunft für 70 Flüchtlinge, bestehend aus zwei zweigeschossigen Gebäuden, in Fertigteilbauweise in Esslingen-Zell abgelehnt (Az.: 2 K 2769/15 und 2 K 2692/15).
Die Stadt Esslingen erteilte am 02.04.2015 dem Landkreis Esslingen die bis zum 31.12.2020 befristete Baugenehmigung. Das Baugrundstück liegt im Geltungs-bereich des Bebauungsplans Robert-Koch-Straße/Im Feldle, der dieses Areal als Parkplatz und Verkehrsgrünfläche ausweist. Die Wohngrundstücke der Antragsteller grenzen südlich bzw. nördlich an das Baugrundstück an, liegen aber bereits im Geltungsbereich des Bebauungsplans Alleen-/ Röntgenstraße. Gegen die erteilte Baugenehmigung erhoben die Antragsteller Widerspruch und stellten am 29.05. bzw. 03.06.2015 beim Verwaltungsgericht Eilanträge.
Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts wies die Eilanträge zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus:
Das Bauvorhaben verstoße aller Voraussicht nach nicht gegen - allein zu prüfende - nachbarschützende Vorschriften. Die Festsetzungen des Baugrundstücks im Bebauungsplan Robert-Koch-Straße/Im Feldle als Parkplatz und Verkehrsgrünfläche seien nicht nachbarschützend. Zudem lägen die Grundstücke der Antragsteller bereits im Geltungsbereich des Bebauungsplans Alleen-/Röntgenstraße. Auch das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt. Die Stadt Esslingen versuche mithilfe des Bauvorhabens ihrer gesetzlichen Pflicht, Flüchtlingen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, gerecht zu werden. Da die Flüchtlingszahlen in den letzten Monaten offenkundig und auch gerichtsbekannt stark angestiegen seien, liege es auf der Hand, dass die bisherigen Unterbringungskapazitäten nicht ausreichten und neue Wohnungen/Sammelunterkünfte gebaut werden müssten. Dem stünden auf Seiten der Antragsteller keine durch das Bauvorhaben zu erwartenden, im Rahmen des Baurechts zu berücksichtigenden Beeinträchtigungen gegenüber, die die Antragsteller besonders schutzwürdig erscheinen ließen.
Soweit die Antragsteller vortragen würden, sie rechneten damit, dass es zwischen den Flüchtlingen, die auf engstem Raum mit (teils traumatisierten) Menschen anderer Kulturkreisen und politischer Überzeugungen zusammen leben müssten, zu (das gewöhnliche Maß übersteigenden) Konflikten kommen werde, die diese nicht allein auf dem Baugrundstück austragen, vielmehr in die angrenzenden Baugebiete hineintragen würden, sei dies spekulativ. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, inwiefern die Antragsteller hierdurch in der bestimmungsgemäßen Nutzung ihres Grundstücks beeinträchtigt wäre. Auch gewährleiste das Baurecht keinen Milieuschutz. Anderweitige Belästigungen seien nicht Gegenstand baurechtlicher Betrachtung, sondern - etwa im Fall von Gewalttaten oder illegaler Müllentsorgung - nach Maßgabe des jeweiligen Einzelfalles möglicherweise von Relevanz für das Polizei- und Ordnungsrecht oder das zivile Nachbarrecht. Bei den zu erwartenden Geräuschimmissionen handele es sich um grundsätzlich hinzunehmende Wohngeräusche, selbst wenn sich der Lebensrhythmus und die Gewohnheiten von Flüchtlingen teilweise von denen der Ortsansässigen abheben sollten. Unterschiede in den Lebensgewohnheiten und im Wohnverhalten verschiedener Bevölkerungsgruppen seien ebenfalls baurechtlich ohne Relevanz. Gleiches gelte für die Frage, welches Verhältnis Eltern von Schulkindern zu Flüchtlingsunterkünften in ihrer Nachbarschaft hätten. Der Rechtsschutz könne in einer pluralistischen Gesellschaft nicht vom sozialen und kulturellen Hintergrund und den Lebensgewohnheiten des jeweiligen Betrachters abhängen.
Die Antragsteller könnten sich auch nicht mit Erfolg auf die von ihnen befürchtete Wertminderung ihrer Grundstücke berufen. Entgegen der Behauptung der Antragsteller dürfte die nähere Umgebung nicht durch Einfamilienhäuser und kleinere Mehrfamilienhäuser geprägt sein; das Bauvorhaben passe daher in diese Umgebung. Weiter könnten die Antragsteller nicht die Notwendigkeit der Einleitung eines Planänderungsverfahren geltend machen.
Gegen diese Beschlüsse ist die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim gegeben, die innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen ist.