Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 20.09.2011 die Klage eines Gerichtsvollziehers gegen das vom Justizministerium vertretene Land Baden-Württemberg auf Erteilung einer Bescheinigung über die Berechtigung zum Erwerb und Besitz von Waffen sowie zum Führen dieser Waffen abgewiesen.
Der Kläger ist seit 2003 als Gerichtsvollzieher für das Land tätig. Im Mai 2008 beantragte er beim Justizministerium erfolglos die Erteilung eines Waffenscheins zum dienstlichen Gebrauch, u.a. mit der Begründung, in jüngster Zeit hätten sich die Probleme bei der Durchsetzung der Zwangsvollstreckung durch Androhung von körperlicher Gewalt und Beleidigungen -auch durch angetrunkene Schuldner-vermehrt.
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts führte aus:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Bescheinigung. Nach den einschlägigen Bestimmungen des Waffengesetzes werde Personen, die wegen der von ihnen wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgaben des Bundes oder eines Landes erheblich gefährdet seien, eine Bescheinigung über die Berechtigung zum Erwerb und Besitz von Waffen und Munition sowie zum Führen dieser Waffen erteilt. Der Kläger sei als Gerichtsvollzieher nicht erheblich, also wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben, gefährdet. Bei dem Berufsstand der Gerichtsvollzieher handle es sich nicht um eine Berufsgruppe, die allgemein in erhöhtem Maß gefährdet sei. Zwar komme bzw. könne es mitunter zu aggressiven Vorfällen gegenüber Gerichtsvollziehern kommen, wie dies auch durch die vom Kläger angeführten Vorfälle, auch aus der Presse, bestätigt werde. Hierbei handele es sich jedoch um Einzelfälle, die als solche nicht geeignet seien, eine allgemeine Gefährdungslage für den gesamten Berufsstand der Gerichtsvollzieher abzuleiten. Nach der vom Justizministerium initiierten Länderumfrage in 12 Bundesländern seien bislang keinerlei waffenrechtliche Bescheinigungen an Gerichtsvollzieher erteilt worden (Ausnahme Bayern, 4, 5 %). In Baden-Württemberg seien gegenwärtig nur 14 der insgesamt 566 Amtsträger -mithin lediglich rund 2,47 % -im Besitz einer entsprechenden Bescheinigung. Der Kläger habe im Übrigen auch keine Umstände dargelegt, die in seinem Fall die Annahme einer konkreten erheblichen Gefährdungslage begründen könnten. Die Tätigkeit des Klägers insbesondere bei der Durchführung problematischer Vollstreckungsaufträge sei zwar mitunter mit einer gewissen latenten Gefährdungslage verbunden. Eine derartige latente Gefährdung begründe jedoch noch keine Gefahren für Leib und Leben und mithin keine erhebliche Gefährdung. Auch habe der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass eine Waffe erforderlich sei, um eine eventuelle Gefährdung zu mindern. Eine eventuelle Gefahrenlage könne durch die ihm zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen wie die Unterstützung durch die polizeilichen Vollzugsorgane, die Zuziehung von Zeugen oder als ultima ratio den Abbruch der Zwangsvollstreckung -neben der Anwendung von Deeskalationsstrategien - auf ein zumutbares Maß reduziert werden. Soweit der Klägers im Vorfeld angedeutet habe, er sei von Gesetzes wegen gehalten, Zwangsvollstreckungen schnell und nachdrücklich durchzuführen, so sei dem entschieden entgegenzutreten. Die Aufgaben und Befugnisse eines Gerichtsvollziehers seien gesetzlich vorgegeben und zugleich begrenzt. Es sei nicht Aufgabe des Gerichtsvollziehers, die Durchführung der Zwangsvollstreckung „um jeden Preis“ zu gewährleisten. Demnach könnten der Besitz und das Führen einer Waffe auch nicht deshalb zugelassen werden, um einen Schuldner zu „nötigen“.
Gegen dieses Urteil (5 K 521/10) steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu beantragen.